An Silvester fasst man gute Vorsätze. Meist bleibt es jedoch beim guten Willen. Doch es gibt welche, die überdauern Jahre, Jahrzehnte oder sogar stolze 150 Jahre. In dieser langen Zeit ist aus der einstigen, kleinen Schongauer Turnerfeuerwehr eine schlagkräftige Mannschaft aus 77 Aktiven (davon fünf Frauen) herangewachsen, die zur Stelle ist, wenn´s brennt und Leben gerettet werden muss.
In der Silvesternacht 1865 war es, da sich zwölf eifrige Schongauer aus dem gerade erst ins Leben gerufenen Turnvereins zusammenschlossen und die Feuerwehr gründeten. Das Land war damals noch in viele Einzelstaaten zersplittert, Vereine schossen wie Pilze aus dem Boden: Die Menschen signalisierten mit diesen vielen Zusammenschlüssen nicht nur ein wiedererstarktes Gemeinschaftsgefühl, sondern auch die Bereitschaft, Verantwortung für die Gesellschaft zu übernehmen. Und wie könnte man das besser als im direkten Dienst an und für den Menschen?
Doch jeder Anfang birgt auch Schwierigkeiten. So mussten die Floriansjünger von damals nicht nur in Einsätzen und Übungen ihren Mann stehen, sondern vor allem versuchen, trotz oft leerer Kassen dringend benötigte Ausrüstungsgegenstände zu beschaffen. Und hier bewiesen die Schongauer schon in den Anfangsjahren, dass es ihnen an Kreativität nicht mangelt.
Kurzerhand wurde ein Theaterausschuss gegründet, regelmäßig Stücke aufgeführt, und die Mitglieder beteiligten sich mit Beitragszahlungen. Zudem lud die Feuerwehr die Bevölkerung zu ihrem Feuerwehrball und ihren Silvesterfeiern ein.
Dieses Zusammengehörigkeitsgefühl krönte im Jahr 1869 die Schenkung einer Vereinsfahne, gestiftet von Schongauer Mädchen und Frauen, die jetzt im Rahmen des 150-jährigen Jubiläums neu geweiht wird.
Die ständige Finanznot der Feuerwehren änderte sich ab dem Jahr 1881, als König Ludwig II. das Protektorat für die freiwilligen Feuerwehren Bayerns übernahm. Plötzlich konnte man mit mehr Geld wirtschaften und sogar an Feierlichkeiten teilnehmen, wie 1886 am 25-jährigen Jubiläum der Nachbar-Feuerwehr in Landsberg. Der Chronist berichtet: „Es ging von hier aus ein Extra-Zug nach dorten, welcher umso mehr erwähnenswert ist, als dies der erste Bahnzug war, welcher Personen von Schongau aus bis dorthin beförderte.“
Doch dann kamen die zwei Weltkriege, die ihre Schatten auch auf die Schongauer Feuerwehr warfen. Kameraden kamen nicht mehr oder schwer traumatisiert nach Hause. Dem ersten Kommandanten Nikolaus Fliegauf ist es zu verdanken, dass die Feuerwehr noch heute existiert. Denn Fliegauf schaffte es, die kriegsmüden Männer wieder zum Dienst zu motivieren. Er fuhr wochenlang durch das Schongauer Land und sammelte Kriegsmaterial ein, „zweckentfremdete“ es, indem er daraus Gerätschaften machte, die den Menschen nicht mehr schaden, sondern helfen sollten.
Dieser Pioniergeist lebt auch heute noch in den Köpfen der Kameraden weiter, denn auch sie haben viel geschafft in den Folgejahren. In den 70er Jahren stand der Umzug vom Ballenhaus ins neue Feuerwehrhaus auf dem alten Volksfestplatz an, mithilfe der Stadt wird nach und nach moderne Ausstattung angeschafft, und es wurde von Dieter Voss die erste Jugendgruppe gegründet, die bis heute die wichtigste Säule bei der Gewinnung von Nachwuchs für die Feuerwehr ist.
Und nicht zuletzt beweisen die insgesamt 144 Mitglieder der Feuerwehr bei den Vorbereitungen zum großen Jubiläum, dass sie im Geist ihrer Väter deren Vorsätze umsetzen: Kameradschaft, Dienst am Menschen und ehrenamtliches Engagement wird auch nach 150 Jahren noch groß geschrieben. Text: Christine Wölfle